Wilke, Rudolf
Verfügbare Werke
Biografie
Rudolf Wilke
1873 – Braunschweig – 1908
Eine Künstlerkarriere mit Anlaufschwierigkeiten: nach Abschluss einer Zimmermannslehre zieht Rudolf Wilke 1893 von Braunschweig nach München, um dort Malerei zu studieren. Da er die Aufnahmeprüfung an der Akademie nicht besteht, nimmt er zunächst Unterricht an einer privaten Zeichenschule. Unbefriedigt geht Wilke nach Paris, wo er die Académie Julian besucht und schnell Anschluss an die Künstler-Bohème findet. Geldsorgen zwingen ihn jedoch schon 1895 zur Rückkehr nach München.
Ein 1896 von der Zeitschrift Jugend ausgeschriebener Künstlerwettbewerb bringt schließlich die Wende. Ihr Verleger Dr. Georg Hirth, der viele junge Zeichner und Maler fördert, erkennt Wilkes karikaturistisches Talent, gibt ihm eine feste Anstellung und schickt ihn zu Studienzwecken auf Reisen. 1897 veröffentlicht die Jugend seine Berliner Momentbilder, 1898 folgen die Künstlertypen vom Montmartre. Ein Jahr darauf wird Wilke von Albert Langen, dem Herausgeber der Satirezeitschrift Simplicissimus, als Zeichner eingestellt. Seine Werke sind ein großer Publikumserfolg und auch unter Kollegen ist er äußerst beliebt. Umso tiefer ist die Trauer, als Wilke 1908 mit 35 Jahren an Diabetes stirbt.
Von Anfang an ist die Porträtkarikatur Wilkes Domäne. Charakteristisch für seine frühen Beiträge in der Jugend und im Simplicissimus sind detailreich angelegte Szenen mit ausgeprägt narrativen Handlungsmomenten. Im Verlauf der Jahre werden die Kompositionen reduzierter, zugleich gewinnt die Psychologisierung der Figuren an Bedeutung. Wilkes mit Bleistift, Feder und Tusche ausgeführte Zeichnungen, die zuweilen mit Deckweiß und Spritztechnik überarbeitet sind, muten oft skizzenhaft-fahrig an und lassen einen schnellen, impulsiven Entstehungsprozess erkennen. Wie ein Anthropologe studiert der Künstler Menschen aller Schichten – das Repertoire umfasst Korpsstudenten, Dandys, Pädagogen, Ärzte, Militärs, Großbürger und Adelige, aber auch Vagabunden, Bettler, Kokotten, Arbeiter, Emanzen, Klein- und Spießbürger – ohne dabei jemals in stereotype Darstellungsmuster zu verfallen. Auch lässt Wilke seinen Figuren trotz aller äußeren und inneren Überspitzung ihre Würde. Die Alltagssorgen der Oberschicht wirken meist komisch, die sozialen Probleme der Unterschicht wecken Empathie. Doch Wilkes Zeichnungen zeigen weit mehr als das Sittenbild einer vergangenen Epoche. Das Augenblickliche der Situation und das sich daraus ergebende Verhalten seiner Protagonisten sind zeitlos menschlich und machen verständlich, warum Kenner der Karikatur ihn als geniale Begabung beschreiben.
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