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Schulz, Wilhelm
Serenissimus

1901
Aquarell, Tusche (Pinsel, Feder, Spritztechnik) und Deckweiß auf Papier
29,3 x 25,7 cm
Links unten signiert

Veröffentlicht:
Simplicissimus. Jahrgang 6 (1901), Heft 21, Seite 161
Er ist dem Collegio attachieret? Sage er den Leuten, Wir intentionieren, Unseren Leibjäger als Burgermeister Unserer Residenzstadt zu präponieren, da Wir Uns versehen, daß selbiger am besten Unsere Intentiones der Kanaille deklarieret.

 

In Anlehnung an die offizielle lateinische Anrede eines Fürsten schuf der Schriftsteller Otto Erich Hartleben um 1900 den fiktiven Charakter des Serenissimus. Dabei handelte es sich um das vertrottelte Staatsoberhaupt eines imaginären Kleinfürstentums. Im Simplicissimus wie auch in anderen illustrierten Zeitschriften diente die Figur immer wieder als Witzvorlage, durch die sich die Zensur der Presse umgehen ließ und die zugleich die Möglichkeit eröffnete, sich über die Rückständigkeit und Borniertheit des Adels lustig zu machen.

Vor einer malerischen Kleinstadtkulisse begegnet Serenissimus einem seiner Untertanen, der den Hut zieht und sich verbeugt, um die Anweisungen des Landesfürsten entgegenzunehmen. Mutet dessen gestelzte und veraltete Sprache von Anfang an komisch an, so wird der Sinn seiner umständlichen Rede erst bei mehrmaligen Lesen verständlich. Die Idee der Mitwirkung oder gar Selbstbestimmung des Bürgers im Staate ist dem absolutistischen Selbstverständnis von Serenissimus gänzlich fremd. Er sieht in ihm nichts weiter als gemeines Pack, das nur durch die strenge Hand eines Jägermeisters zu bändigen ist.

Die Zeitgenossen dürften sich über Schulz‘ Zeichnung köstlich amüsiert haben, waren doch die politischen Verhältnisse um 1900 eher umgekehrt als in der ironischen Schilderung des Künstlers.

5.500 €