Königliche Schönheit

Kunstwerk der Woche

August Riedel, Eine Donna aus Albano mit Fächer

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Wie keine andere Stadt zog Rom in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Künstler aus ganz Europa an. Unter ihnen befand sich auch August Riedel, der mit seinen feinmalerischen Darstellungen schöner Frauen internationale Bekanntheit erlangte. Sein Gemälde Eine Donna aus Albano mit Fächer war einst Teil der Privatsammlung König Wilhelm I. von Württemberg und fand auch in König Ludwig I. von Bayern einen großen Bewunderer.

Eine deutsche Künstlerkarriere in Rom

Leben und Werk des einer Bayreuther Architektenfamilie entstammenden Malers August Riedel sind aufs engste mit dem Kunstgeschehen der Stadt Rom verknüpft, wo sich der Maler nach Abschluss seines Studiums an der Münchner Akademie 1832 dauerhaft niederließ. Wie die meisten anderen ausländischen Künstler begeisterte sich auch Riedel für die unvergleichlichen Kunstschätze der Ewigen Stadt. Doch noch mehr faszinierten ihn die römischen Modelle, deren vielgepriesene Schönheit er über Jahrzehnte hinweg in seinen Bildern festhielt.

Ludwig Passini, Künstler im Café Greco in Rom (August Riedel dritter von rechts)

Seinen ersten großen Erfolg erzielte Riedel mit dem Gemälde Die neapolitanische Fischerfamilie, das der einflussreiche dänische Bildhauer Bertel Thorwaldsen 1833 erwarb. Als dieser das Bild in seinem Atelier ausstellte, sprach man auch außerhalb Roms bald von dem jungen Talent aus Bayern. Hierdurch gelang es Riedel die Aufmerksamkeit des europäischen Hochadels zu erregen, der in den kommenden Jahren zu seinem wichtigsten Auftraggeber wurde. Zugleich nahm der Maler als Mitglied der deutschen Künstlerkolonie eine stetig wachsende Rolle im gesellschaftlichen Leben der Ewigen Stadt ein und wurde ehrenhalber zum Mitglied der Kunstakademien von Rom, Berlin, München, Wien und St. Petersburg ernannt.

August Riedel, Die Neapolitanische Fischerfamilie

(Thorvaldsen Museum, Kopenhagen THM B150)

Von kaltblütigen Heroinen…

Neben idealisierenden Genreszenen schuf Riedel ab den 1840er Jahren vermehrt lebensgroße Bildnisse schöner junger Frauen. Charakteristisch für seine häufig als Dreiviertelstück angelegten Gemälde ist die feinmalerische Behandlung des Sujets, dessen Wirkung durch eine ausgeklügelte Lichtregie gesteigert wird. Dabei lenkt die raffinierte Maltechnik oft vom zuweilen grausamen Inhalt des Motivs ab. So erkennt der Betrachter von Riedels Judith erst auf den zweiten Blick, dass die sich mit der linken Hand gelassen auf ihr Schwert stützende Heroine in der rechten Hand das Haupt des ermordeten Holofernes hält. König Ludwig I. von Bayern, ein bekennender Verehrer des weiblichen Geschlechts, schreckte der Blutdurst der biblischen Schönheit wenig. Die Judith wurde eines von insgesamt zwölf Gemälden Riedels in seiner Sammlung.

August Riedel, Judith

…und bestechend schönen Frauen

Meist jedoch verzichtete Riedel in seinen Darstellungen auf eine historische Ikonographie. Stattdessen steht die Anmut der Modelle, die der Künstler meist in eleganten Kostümen der Zeit in natürlicher Umgebung zeigt, im Mittelpunkt. Wie sehr er damit den Geschmack seiner Mäzene traf, beweist das Gemälde Eine Donna aus Albano mit Fächer. Im Dezember 1850 berichtete der römische Kunstagent Ritter von Bravo hierüber an König Wilhelm I. von Württemberg: „Mit einem Worte es ist das schönste Kunstwerk was Riedel bisher geliefert und jetzt ist nachdem es bekannt geworden, eine wahre Völkerwanderung von Künstlern und Kunsthändler nach seinem Atelier eingetreten.“ Der Empfänger der Zeilen, bereits seit geraumer Zeit ein glühender Verehrer von Riedels Kunst, zögerte nicht lange und erwarb das Gemälde für die stattliche Summe von 200 Louis d’Or. Damit wurde es eines von 18 Werken des Künstlers in der Sammlung des Monarchen. Zudem gab dieser seiner Wertschätzung für den mit ihm persönlich bekannten Maler durch die Verleihung des Ritterkreuzes I. Klasse des Ordens der württembergischen Krone Ausdruck, wodurch Riedel in den persönlichen Adelsstand erhoben wurde.

Georg Friedrich Erhardt, Wilhelm I. von Württemberg

(Landesmuseum Württemberg, Stuttgart / P. Frankenstein; H. Zwietasch, CC BY-SA)

Umgehend nach ihrer Ankunft aus Rom ließ Wilhelm I. die Donna aus Albano mit Fächer in seine private Gemäldegalerie auf Schloss Rosenstein bei Stuttgart überführen, wo sie im Catalog von 1852 wie folgt beschrieben wird: „Höher ist wohl die Kunst der Illusion nicht getrieben worden, als in diesem Bilde, welches in solcher Beziehung als unübertrefflich bezeichnet werden kann. Von der seltensten Wirkung sind die hüpfenden spielenden Lichter der durch das Gezweig brechenden Sonnenstrahlen. Das Mädchen im zierlichen Putze, grüsst den Beschauer mit schelmisch-graziösen Lächeln. Alles ist hier in so lieblicher Vollendung, wie sonst wohl nirgend in der Sammlung.

Schloss Rosenstein, Festsaal

Perlenlüster im Goldglanz

Gleichwohl die für ihre Entstehungszeit erstaunlich akribische Beschreibung Einer Donna aus Albano mit Fächer viele charakteristische Merkmale von Riedels Bildästhetik nennt, gibt sie keinerlei Aufschluss über das wie hinter dem was. Nur wenige Zeitgenossen wussten, dass der Künstler mittels Goldfolien ein besonders warmes Licht in seinem Atelier erzeugte, um es von unterschiedlichen Richtungen aus auf seine Modelle zu lenken. Durch diesen Kunstgriff leuchteten Riedels schöne Frauen mit dem makellosen Teint und den fein geschnittenen Gesichtszügen wie aus sich selbst heraus. Zur Steigerung dieses Effektes postierte Riedel die Dargestellten oft vor dunklem Hintergrund. Zudem legte er bei der Kleidung seiner Modelle großen Wert auf exklusive modische Accessoires wie perlengeschmückte Haarbänder, mit feiner Spitze besetzte Schals oder goldbestickte Necessaire-Taschen. Sie zierten nicht nur ihre jeweiligen Trägerinnen, sondern dienten auch der Verteilung zahlreicher Lichtreflexe über den gesamten Bildraum.

    

August Riedel, Eine Donna aus Albano mit Fächer – Detailansichten

Eine Donna für zwei Könige

Das Bild der liebreizend und zugleich kokettierend lächelnden Donna aus Albano mit Fächer avancierte schnell zum Tagesgespräch unter den in Rom weilenden Kunstfreunden. Vermutlich hatte es auch König Maximilian II. von Bayern in unvollendetem Zustand gesehen, als er Riedel im März 1850 einen Atelierbesuch abgestattet hatte. Aus welchen Gründen sich die bayerische Königsfamilie das Hauptwerk des Künstlers nicht für seine Sammlung sicherte, ist nicht überliefert. Riedel unterstrich jedoch die Bedeutung seiner Donna aus Albano mit Fächer, indem er 1851 eine verkleinerte Replik des Bildes in Öl- und Deckfarben auf Papier für das König Ludwig Album anfertigte. Dieses war eine Gabe der Münchner Künstlerschaft an den 1848 abgedankten König, mit dem sie ihrer Dankbarkeit für sein Mäzenatentum Ausdruck verlieh. Es wurde Ludwig I. im November 1850 anlässlich der Enthüllung der von ihm gestifteten Bavaria auf der Theresienhöhe in München überreicht. Die besondere Freude des Königs über Riedels Werk geht aus einer auf den 15. November 1851 datierten Anweisung an seinen römischen Kunstagenten Martin von Wagner hervor: „Riedeln drücken Sie meinen Dank aus für das ausgezeichnete schöne Gemälde mit dem er mein Album bereichert.

Johann Karl Stieler, Ludwig I. von Bayern

Während Riedels Replik der Donna aus Albano mit Fächer nach dem Ende des Ersten Weltkrieges an die Staatliche Graphische Sammlung München überwiesen wurde, veräußerte die vormals königliche Familie von Württemberg große Teile ihrer Kunstsammlung. Unter den abgegebenen Gemälden befand sich auch die Darstellung der bis heute durch ihre jugendliche Anmut bestechenden schönen Unbekannten aus Albano.