Heine, Thomas Theodor
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Biografie
Thomas Theodor Heine
1867 Leipzig – 1948 Stockholm
Bereits am Gymnasium fällt Thomas Theodor Heine durch karikaturistisches Talent auf. Zielscheibe seines Spotts sind sowohl Klassenkameraden als auch Lehrer, was ihm kurz vor Ablegung des Abiturs den Verweis von der Schule einbringt. Auf der Düsseldorfer Akademie, an der er sich 1885 einschreibt, eckt der Student ebenfalls an und wird für zwei Semester vom Unterricht suspendiert. Während dieser Zeit hält sich Heine zu Studienzwecken in Bayern auf und wohnt meist in München, wohin er nach Beendigung seines Studiums 1889 zieht.
Da sich Heine seinen Lebensunterhalt nicht allein als freischaffender Maler verdienen kann, arbeitet er nebenbei als Karikaturist für die humoristische Wochenschrift Fliegende Blätter. Seine Beiträge erregen die Aufmerksamkeit des Verlegers Albert Langen, der die Herausgabe einer literarisch wie künstlerisch bahnbrechenden Satirezeitschrift plant und Heine in die Konzeption des Projektes mit einbezieht. 1896 erscheint schließlich das erste Heft des Simplicissimus. Über Jahrzehnte hinweg wird er Woche für Woche die sozialen und politischen Missstände in Deutschland aufzeigen und an den Pranger stellen. Heine entwirft hierfür ein kongeniales Symbol, welches bald zum Wappentier des Blattes avanciert: eine von der Kette gerissene rote Bulldogge, die sich dem Betrachter zähnefletschend entgegenstellt und die Angriffslust des Simplicissimus demonstriert.
Von Anfang an profiliert sich Heine als moralisches und politisches Gewissen des Simplicissimus, in dem er bis 1933 mit über 2.500 Zeichnungen vertreten ist. Charakteristisch für seine Karikaturen ist ein vielseitiges Ausdrucksspektrum, das je nach Motiv und Aussageabsicht von einer nervös strichelnden Handschrift bis hin zu einer plakativ flächigen Formauffassung reicht. Das Kolorit unterstreicht die intendierte Wirkung zusätzlich. Während süßliche Farben häufig eine vermeintliche Idylle suggerieren, vermitteln dissonante Farbklänge oft ein Gefühl des Unbehagens. Diese Stilmittel sind bereits in der zwischen 1896 und 1898 publizierten Serie Bilder aus dem Familienleben, welche die Doppelmoral der wilhelminischen Gesellschaft dekuvriert, voll ausgeprägt. Ihr Erfolg motiviert Heine zu der noch bissigeren Serie Durchs dunkelste Deutschland, die zwischen 1899 und 1910 erscheint und die sozialen Übel des Kaiserreichs in drastischer Weise zur Anschauung bringt.
Im Gegensatz zu Kollegen wie Ferdinand von Reznicek, Eduard Thöny oder Rudolf Wilke gibt sich Heine oft ungemein scharf in Wort und Bild. Dies mag erklären, warum seine Beiträge bevorzugt als Titelseite des Simplicissimus gewählt werden. Denn damit trägt er maßgeblich zur Steigerung der Auflage bei, exponiert sich zugleich aber auch stärker als andere und gerät so ins Visier der staatlichen Obrigkeit. Dass diese nicht mit sich scherzen lässt, belegt die Affäre um die 1898 erschienene Palästina-Nummer, in welcher Heine zusammen mit dem Dichter Frank Wedekind die Reise Kaiser Wilhelm II ins Gelobte Land persifliert. Sie wird vom Staatsanwalt konfisziert und hat für Wedekind sowie Heine eine Anklage wegen Majestätsbeleidigung mit mehrmonatiger Haftstrafe zur Folge. Derartige Rückschläge können Heine jedoch nicht entmutigen und sind für den Simplicissimus sogar von Vorteil. Denn nicht nur intellektueller Witz und künstlerischer Anspruch etablieren ihn binnen weniger Jahre als Deutschlands führende Satirezeitschrift, sondern auch spektakuläre Skandale.
Obwohl Heine seinen künstlerischen Zenit bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges bereits überschritten hat, bleibt er bis zum Ende der Weimarer Republik einer der wichtigsten Mitarbeiter des Simplicissimus. Umso härter trifft es den Künstler jüdischer Abstammung, dass ihm seine Weggefährten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 keinen Rückhalt bieten und er Deutschland fluchtartig verlassen muss. Doch selbst dieser Schicksalsschlag kann Heines galligem Humor nichts anhaben. Im Exil setzt er seine Tätigkeit als Karikaturist fort und verfasst den autobiografisch motivierten Roman Ich warte auf Wunder, in dem er voll Ironie auf sein Leben zurückblickt.
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